Heute begebe ich mich auf ein Gebiet, das nicht meins ist: Ernährung. Natürlich ist es meins wie auch das Gebiet jedes Menschen – denn jeder ernährt sich ja irgendwie. Aber zwischen „etwas tun“ und „wissen, was man tut und warum“ besteht ein wesentlicher Unterschied.
Wovon ich etwas zu verstehen glaube, ist das Taiji, wie es hier an der Akademie gelehrt wird, ausgerichtet an der Atemtyp-Lehre, der Terlusollogie®. Sie gibt Hinweise, wie man sein eigenes Leben entsprechend dem eigenen Atemtyp einrichten kann, um den Alltag gesünder und leichter zu bewältigen. Und Ernährung gehört natürlich auch dazu.
Sowohl für den Einatmer- als auch für den Ausatmertyp gibt es spezifische Ernährungsempfehlungen. Sie könnten gegensätzlicher kaum sein. Kurz zusammengefasst besagen sie Folgendes:
Einatmer/in
kräftige Kost
drei Mahlzeiten zu festen Essenszeiten
tierisches Fett (pflanzliches Fett meiden)
viel Säure
viel Flüssigkeit (es entsteht nur wenig Wasser im Stoffwechsel)
wenig Kohlenhydrate
Eiweiß wird mit Fett und Säure bekömmlich: Es sollte in der Ernährung des/ der Lunaren zurückhaltend eingenommen werden, Eiweißbelastungen sind schädlich.
Zwischenmahlzeiten wie ein zweites Frühstück belasten Einatmer/innen und sind für sie überflüssig.
Ausatmer
viele kleine Mahlzeiten
viele Kohlenhydrate
viel Eiweiß
fettarm, nur pflanzliches Fett (Margarine)
Säure meiden
wenig Flüssigkeit (es entsteht vermehrt Flüssigkeit im Stoffwechsel)
Fettarme, kohlenhydratreiche Kost bedingt viele kleine Mahlzeiten. Wegen der raschen Wasserbildung im Stoffwechsel muss nur wenig getrunken werden. Eiweiß wird mit Kohlenhydraten gut vertragen und kann reichlich eingenommen werden. Zusammen mit Fett wird Eiweiß unverträglich!
(nachzulesen unter http://www.terlusollogie.ch/terlusollogie/ernahrung)
Wer es genauer wissen möchte, sei auch auf die Arbeit von Bert Aufdemkamp verwiesen, der hier vor einigen Jahren seine Taiji-Ausbildung abgeschlossen hat. Er unterrichtet in Friedberg und kennt sich im Gebiet „Ernährung nach den Atemtypen“ bestens aus. Er ist auch als Ernährungs-Coach tätig und hält Vorträge. www.suess-oder-herzhaft.de
Nun ist es mir neulich so ergangen wie vor einem knappen Jahr, als ich auf einen Beitrag von Dr. Greb stieß, der den “einzig richtigen Gang“ beschrieb, um den sich alle Menschen bemühen sollten: den Ballengang. Dr. Greb ist ein 100%iger Ausatmer (kommt auch nicht sehr häufig vor) und da nimmt es nicht wunder, dass er den Ballengang favorisiert. Schließlich spürt er im eigenen Körper, dass ihm das guttut und seinem Atemtyp entspricht. (Ich habe im Blog Mai 2016 darüber geschrieben (http://www.taijiakademie.de/blog/2016/mai/halbwahrheiten.html). Er antwortete mir sehr freundlich („Lieber lunarer Bruder Frieder“), ich sei in über 40 Jahren der Erste, der so seine Arbeit kritisieren würde. Ein vertiefter Austausch zwischen uns soll noch folgen.
Nun finde ich also im Spiegel Nr.33 vom 13.8.16 einen Artikel über Dr. David Ludwig, einen Bostoner Arzt und Ernährungswissenschaftler, der die These vertritt, dass ,,wer abspecken will, …mehr Fett zu sich nehmen (müsse)“. Was tut der Mensch, der von der Atemtyp-Lehre überzeugt ist, also zum Beispiel ich? Richtig: Er googelt Geburtsdatum und -ort des Probanden und die Vermutung bestätigt sich: Dieser Mensch, der das geschrieben hat, ist Einatmer.
Sein Buch („Nimmersatt“, Goldmann) ist auf dem besten Weg, ein Bestseller zu werden. Gut so – für alle Einatmer/innen. Vermutlich werden sich Ausatmer/innen finden, die auf die Barrikaden steigen und beweisen, dass es nicht stimmt. Richtig – für die Ausatmer/innen. Die Crux ist nur, dass in solchen Debatten meist Dogmatiker aufeinander losgehen. Sie verabsolutieren die – für sich richtigen – Erfahrungen am eigenen Leib und beanspruchen ihre Allgemeingültigkeit. So wird das subjektiv Richtige immer wieder in die Gräben der Glaubenskriege und Religionskämpfe gezogen und verliert da seine Lebendigkeit: Es muss „absolut“ richtig sein und universelle Gültigkeit haben.
Wann werden wir endlich begreifen, dass der dogmatische Anspruch der klassischen Naturwissenschaften, absolute Wahrheit zu finden, nicht für unser Leben gilt! (Und im Übrigen ist das „naturwissenschaftliche Zeitalter“ auch in der Wissenschaft inzwischen überwunden…) Es bleibt abzuwarten, wie Dr. Ludwig auf meine Kritik reagieren wird und ob ein fruchtbarer Austausch daraus entsteht. In diesem Fall würde ich von meinem Dogmatismus-Vorwurf gerne Abstand nehmen und mich an einem ergebnisoffenen Diskurs erfreuen.
PS: Manchmal scheint es mir, als gäbe es Bestseller- Erfolg sogar nur mit einem gewissen Absolutheitsanspruch: So lässt sich besser polarisieren. Es gibt nämlich auch fundierte Literatur über Ernährung aus Sicht der Terlusollogie® (z.B Hagena, Charlotte/Hagena,Christian: "Konstitution und Bipolarität: Erfahrungen mit einer neuen Typenlehre" Haug-Verlag, ISBN: 3-8304-7145-9). Aber dadurch, dass sie die Polarisierung – oder besser: die polare Sichtweise – schon in sich enthält, ist sie vielleicht zu ausgewogen, um ein Bestseller zu werden.